Montag, 30. September 2013

Für immer unsichtbar

Er habe mit ansehen müssen, wie sein 12-jähriger Bruder aus dem von den sturmgepeitschten Wogen hochgeworfenen Boot geschleudert worden und für immer verschwunden sei, erzählt, am ganzen Körper zitternd, einer der 466 halbverdursteten Flüchtlinge aus Afrika, die übers vergangene Wochenende an der Küste Siziliens gelandet sind. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn in Italien mehr als 22'000 Bootsflüchtlinge gezählt, dreimal mehr als im gesamten 2012. Schätzungsweise rund 19'000 Flüchtlinge sind in den vergangenen 20 Jahren bei der Überfahrt ums Leben gekommen – weil die Mauern und Sperrzäune entlang den Landgrenzen zu Europa mittlerweile so unüberwindbar geworden sind, dass der Weg übers Meer noch die einzige verbliebene Chance ist, aus der Hölle ins Paradies zu gelangen. Noch heute pilgern die Touristen in Berlin an jene mit Gedenktafeln versehenen Orte, wo Menschen auf der Flucht von Ostberlin nach Westberlin zwischen 1961 und 1989, der Zeit der berüchtigten «Berliner Mauer», ihr Leben lassen mussten. Wohin pilgern wohl dereinst die afrikanischen Väter und Mütter auf der Suche nach ihren verlorenen Kindern?

1 Kommentar:

  1. Die Bürgermeisterin von Lampedusa hat sinngemäss gesagt: "Wir können das Problem nur lösen, wenn wir verstehen, warum diese Leute hierher kommen wollen."
    In diesem Sinne glaube ich, dass wir nur nachhaltig helfen können, wenn wie vehement gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt vorgehen. Dazu müssen wir diese erste mal erkennen - auch die Mechanismen, die dazu führen.
    Sonst werden wir den Bootsflüchtlichen zwar helfen können, aber niemals allen, weil der Strom nicht abreissen wird.
    Josef

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