Freitag, 27. September 2013

Volk belogen

Die heutige Kriegsmaterialverordnung, wonach Waffen und Munition nicht in Länder geliefert werden dürfen, in denen «Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden», geht dem Ständerat angesichts sinkender Erträge der Schweizer Rüstungsindustrie zu weit. So werden also, wenn auch der Nationalrat auf diese Linie einschwenkt, schon bald Schweizer Waffen auch in Länder geliefert werden können, in denen Menschen wegen ihrer politischen Gesinnung ins Gefängnis geworfen und gefoltert werden. Eine schallende Ohrfeige an all jene, die noch daran geglaubt haben, wichtige humanitäre Errungenschaften könne man nicht einfach so mir nichts dir nichts von einem Tag auf den andern über Bord werfen. Könnte man doch jetzt die Zeit um 41 Jahre zurückdrehen. So lange nämlich, bis fast auf den Tag genau, ist es her, als am 24. September 1972 über eine vom Schweizerischen Friedensrat initiierte Volksinitiative, welche ein generelles Exportverbot für Waffen forderte, abgestimmt wurde. Kaum zu glauben, aber wahr: Um eine gemäss Meinungsumfragen sich abzeichnende Annahme dieser Initiative zu verhindern, versprach der damalige Vorsteher des Militärdepartements, Bundesrat Rudolf Gnägi, zukünftig würden Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte «sehr streng und restriktiv» behandelt. Die Rechnung ging auf: Eine knappe Mehrheit der Bevölkerung – nämlich 50,3 Prozent – glaubten den Worten des Bundesrates und lehnten die Initiative ab. Bloss 8000 Schweizerinnen und Schweizer hätten genug kritisch bleiben müssen und sich nicht von ihrer Überzeugung abbringen lassen dürfen – kein einziger Panzer, keine einzige Pistole, kein Schuss Munition hätte seither je unser Land verlassen. Weshalb gibt es eigentlich noch kein Gesetz, wonach Versprechungen, welche von Politikern einmal ans Volk abgegeben wurden, nicht einfach zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt sang- und klanglos wieder gebrochen werden dürfen?

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