Montag, 23. Dezember 2013

«Wir sind die Prinzen»

Was der holländische Beststellerautor Leon de Winter auf zwei vollen Seiten im heutigen Tages-Anzeiger an «Weisheiten» von sich gibt, hat nun wirklich nichts mehr mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung zu tun, sondern nur noch mit Respektlosigkeit, Unverständnis, um nicht zu sagen Dummheit. So sagt er, in Bezug auf Einwanderer, es sei zwar «nachvollziehbar, dass man mit einem Minimum an Arbeit ein Maximum an Sozialleistung zu bekommen versucht, es ist aber ebenso nachvollziehbar, dass die Einheimischen keine Freude haben, wenn immer mehr Menschen am Tropf ihres Sozialstaats hängen». Als einziges Beispiel nennt de Winter einen Rumänen, der an einer Strassenecke in Amsterdam den ganzen Tag lang die gleiche Melodie spielt und damit den Passanten das Geld aus der Tasche zieht. Mit keinem Wort erwähnt er jene Millionen von Ausländerinnen und Ausländern, die in den Fabriken, auf den Baustellen, in den Spitälern, im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft der reicheren europäischen Länder tagtäglich jene harte und meist nicht besonders gut bezahlte Arbeit leisten, ohne die wir unsere vielgelobten «Sozialstaaten» niemals hätten aufbauen können. Aber es kommt noch besser: «Wir sind die Prinzen der Geschichte», sagt de Winter und gibt dann auf die von ihm selber gestellte Frage, weshalb «Migrantenkinder nicht in der Lage sind, ihre Schule erfolgreich abzuschliessen» gleich die aus seiner Sicht einzig mögliche Erklärung: «Es gibt eben gute und weniger gute Kulturen». Ich wünschte Herrn de Weck so viele wertvolle und bereichernde Begegnungen mit Ausländerinnen und Ausländern, wie ich sie während meiner Tätigkeit als Oberstufenlehrer und Gemeindepolitiker machen durfte, dann würde er eine solche Aussage zweifellos nicht mehr über sein Herz bringen.

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