Samstag, 16. November 2013

Auch Gleichgültigkeit kann tödlich sein

Wir sind uns alle einig und es würde uns nicht im Entferntesten einfallen, dies in Frage stellen zu wollen: Was zur Zeit des deutschen Nationalsozialismus all jenen Menschen angetan wurde, die verfolgt, zu Sklavenarbeit gezwungen, grausamsten Experimenten ausgesetzt und in den Konzentrationslagern vernichtet wurden, gehört zu den schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Und immer noch wundern wir uns darüber, dass ein zivilisiertes Volk wie das der Deutschen dies alles zulassen konnte, es so wenig Widerstand dagegen gab und sich so viele «normale» Bürgerinnen und Bürger als Mittäter und Mitverantwortliche missbrauchen liessen.
   Aber sind wir heutigen «zivilisierten» und «normalen» Bürgerinnen und Bürger so viel besser? Wissen wir nicht auch, dass wir Teil eines weltweit herrschenden Wirtschaftssystems genannt Kapitalismus sind, welches, während es uns in den reichen Ländern des Nordens grössten Wohlstand, Reichtum und Überfluss beschert, gleichzeitig jeden Tag weltweit 10‘000 Kinder an Hunger sterben lässt in Ländern, aus denen wir Nahrungsmittel und Rohstoffe importieren? Ist das Sterben an Hunger oder an Krankheiten infolge verschmutzten Trinkwassers so viel weniger grausam als das Sterben in den Gaskammern der Nationalsozialisten? Und ist unser Schweigen, unser Mitmachen, ja unser Mitprofitieren nicht ebenso unbegreiflich wie das damalige Schweigen und Mitmachen der «normalen» deutschen Zivilbevölkerung – umso mehr, als wir mit unserem Aufbegehren, unserem Widerstand, unserer Verweigerung ja nicht gleich, wie das unter dem Hitlerregime der Fall war, unser Leben riskieren würden?
   Was wird in den Geschichtsbüchern der Zukunft über unsere heutige Zeit wohl einmal geschrieben sein?

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