Dienstag, 27. August 2013

Demokratie mit Füssen getreten

Noch streiten sich die Experten, ob die syrischen Regierungstruppen oder eine der gegen das Regime kämpfenden Rebellengruppen für den Giftgaseinsatz vom 21. August verantwortlich zu machen sind. Und die zuständige UN-Untersuchungskommission hat ihre Arbeit vor Ort noch nicht einmal richtig aufgenommen. Zahlreiche unabhängige Beobachter können sich als Schuldige am Giftgaseinsatz eher eine der Rebellengruppen vorstellen als den syrischen Präsidenten, so auch der deutsche Politologe Michael Lüders in einem Bericht der „Südostschweiz“ vom 27.8.: „Zwar ist Assad jede Grausamkeit und Skrupellosigkeit zuzutrauen, doch kann er wirklich so dumm sein, durch den Einsatz von Chemiewaffen vor seiner Haustür eine Militärintervention und damit den eigenen Sturz zu provozieren?“ Trotz alledem scheint es für die Regierungen der USA, Grossbritanniens, Frankreichs und der Türkei gar keine Frage mehr zu sein, ob, sondern nur noch, wann sie gegen Syrien militärisch losschlagen werden. Dabei scheint es ihnen gar nicht schnell genug gehen zu können. Um nicht in letzter Minute in einen Erklärungsnotstand zu geraten, behaupten sie vorsorglicherweise schon jetzt – ohne dafür Beweise vorlegen zu können –, dass das syrische Regime bereits alle Spuren des Giftgasangriffs verwischt habe. Und so werden aller Voraussicht nach schon in wenigen Tagen die militärischen Schläge der Westmächte beginnen – gegen ein Land, das nach rund 100‘000 Toten, einer vielfachen Anzahl Schwerverletzter und mehreren Millionen Flüchtlingen nichts so wenig braucht als noch mehr Waffen, noch mehr Krieg, noch mehr Zerstörung. Das scheint wenigstens die Bevölkerung jener Länder, deren Regierungen nächstens ihre Truppen losschicken, begriffen zu haben: In jedem dieser Länder spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen militärische Angriffe auf Syrien aus. Hohn der Geschichte: Ausgerechnet jene, welche ihre militärischen Pläne mit der Verteidigung demokratischer Grundwerte rechtfertigen und dem „Bösewicht“ Assad vorwerfen, er missachte den Willen seines Volkes, tun mit ihren eigenen Völkern genau dasselbe.

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